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27 Rechtstheorie 79 (1996)
Gerechtigkeitstheoretische Notizen zum Problem Wohlfahrtsstaatlicher Leistungen im Abtreibungsfall

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RECHTSTHEORIE  27 (1996), S. 79 - 91
Duncker & Humblot, 12165 Berlin





              GERECHTIGKEITSTHEORETISCHE NOTIZEN
        ZUM PROBLEM   WOHLFAHRTSSTAATLICHER LEISTUNGEN
                        IM ABTREIBUNGSFALL

                        Von Thomas Kupka, Bremen


                                  I.

  Das  letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts  zum  Schwanger-
schaftsabbruch hat den  deutschen Gesetzgeber aufgefordert, neben der
Frage  der Strafbarkeit nunmehr   auch die sozialrechtlichen Implika-
tionen neu zu regeln. Diese ftir die Bundesrepublik relativ neue Situa-
tion findet Parallelen in den  USA,  wo  der  amerikanische Supreme
Court  bereits 1980 ein Bundesgesetz bestatigte, das Abtreibungen aus
dem  Leistungskatalog  der Gesundheitsversorgung  fir Mittellose her-
ausnahm.'  Im  Juli 1989 folgte er dann dem  Gesetzgeber  des Staates
Missouri, der offentlichen Kliniken die Vornahme   von  Abtreibungen
strafrechtlich verbot.2 Die Begrindung war in beiden Fallen die gleiche.
Mit  Blick auf das Gleichbehandlungsgebot  war  das Gericht der Auf-
fassung, die iberpriften Gesetze stelten die betroffenen Frauen nicht
schlechter, als wenn der Staat ganz  auf die offentliche Gesundheits-
versorgung  verzichtet hatte. Soweit wie sein amerikanisches Pendant
ging das Bundesverfassungsgericht  jedoch nicht. Doch hat der  zweite
Senat  im Mai   1993 unmiBverstandlich  den Kurswechsel   eingelautet:
Gegen  das von  den jeweiligen Mehrheiten  aller Fraktionen getragene
Schwangeren-  und  Familienhilfegesetz fihrt er aus: ,,Der Rechtsstaat
darf eine Totungshandlung   nur zum  Gegenstand  seiner Finanzierung
machen,  werm  sie rechtmBig ist. Kann aber ,,bei den ... im Frithsta-
dium  der Schwangerschaft vorgenommenen   Abbriichen nicht festgestellt
werden,  ob sie wegen  des  Vorliegens einer allgemeinen Notlage  als
erlaubt angesehen werden  diirfen, so darf sich der Rechtsstaat mithin
an ihnen - auch finanziell oder durch die Verpflichtung Dritter wie der
sozialversicherungsrechtlichen Solidargemeinschaften -  grundsatzlich
nicht beteiligen.  Soweit die Frau sich ftir eine von der Rechtsordnung
miBbilligte, aber noch nicht unbedingt strafbare Abtreibung entschei-
det, hat sie - mit Ausnahme  allerdings eines m6glichen Sozialhilfean-


  1 Harris v. McRae, 448 U.S. 297 (1980).
  2 Webster v. Reproductive Health Services, 492 U.S. 490 (1989). A11gemein zum
Recht der Abtreibung in den USA siehe Susanne Walther, Schwangerschaftsab-
bruch in den USA: Neuere Rechtsentwicklungen, in: EuGRZ 1992, S. 45ff.
  3 BVerfGE 88, 203, 315f.

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