About | HeinOnline Law Journal Library | HeinOnline Law Journal Library | HeinOnline

41 Natur und Recht 1 (2019)

handle is hein.journals/natrct41 and id is 1 raw text is: 



                                                                                              NuR  (2019) 41:1-14  1


 AUFSATZE



 https://doi.org/10.1007/s10357-018-3458-3

 Das ,,Verschlechterungsverbot und das ,,Verbesserungsgebot

 im   Wasserwirtschaftsrecht*

Wolfgang Durner



© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019


Das  V7erschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot der Was-
serrahmerichtlinie haben in den letzten Jahren eine zundchst
kaum  abse hbare weichenstellende Bedeutung fur konkrete wasser-
wirtschaftliche Zulassungsverfahren erlangt. Die dabei entwickel-
ten Anforderungsprofilefahren das Wasserrecht bisweilen bis an die
Schwelle der Unvollziehbarkeit. Diese Situation ldsst Anderungs-
bedarf sowohl im Hinblick auf die Richtlinie selbst wie auf ihre
Umsetzung  und  Handhabung  in Deutschland sichtbar werden.
Letztlich bildet vor allem die Integration europdischer Umweltqua-
litdtsziele in das deutsche Umweltordnungsrecht ein bis heute nur
unzureichend bewdltigtes regelungstechnisches Grundproblem.

1. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

1.1 Die Umweltqualitdtsziele des 527 WHG
als Hauptpflichten der WRRL

Das  wasserrechtliche Verschlechterungsverbot  sowie  das
Verbesserungsgebot  bilden  als sog. Umweltqualitstsziele1
die Hauptpflichten  der europsischen Wasserrahmenricht-
linie 2000/60/EG  vom   23.10.2000.2 Diese strebt unions-
weit eine gutemsifige und mengenmsBige   Bewirtschaftung
der Oberflachengewssser  sowie  des Grundwassers  an und
zielt im Kern auf einen guten  Umweltzustand   ab (Art. 4
WRRL). Nach der zentralen   nationalen Umsetzungsnorm3
in § 27 Abs. 1 Nr. 2 WHG  muss fur alle Gewssser ein guter
Gewssserzustand  erreicht werden, der die Teilkomponen-
ten eines guten chemischen  und eines guten 6kologischen
Zustands  umfasst (sog. Verbesserungsgebot). Bei erheblich
veranderten Gewassern  gilt dagegen nach §27 Abs. 2 Nr. 2
WHG das verminderte Ziel eines guten bkologischen Po-
tenzials. Fur beide Gruppen  von Gewassern  ist gleichzei-
tig nach §27 Abs.  1 und Abs. 2 jeweils Nr. 1 WHG eine
Verschlechterung  zu vermeiden   (sog. Verschlechterungs-
verbot).4 Diese beiden zentralen Verpflichtungen stehen im
Zentrum   der folgenden Ausfihrungen.

1.2 Ausblendung der umstrittenen ,,Phasing-Out- erpflichtung
(Art. 16 Abs. 6 WRRL)

Ausgeblendet  bleiben soll demgegeniber  die dritte (stark
umstrittene) Hauptpflicht, das Umwelthandlungsziel des
,,Phasing-Out  nach Art. 16 Abs. 6 WRRL. Diese Norm
fihrt ein kombiniertes  Konzept  fur prioritare Stoffe ein,
das als Endziel die Elimination aller prioritsr gefihrlichen
Stoffe vorsieht.5 Hieraus wird  teilweise abgeleitet, dass
die Mitgliedstaaten auch ohne  weitere Konkretisierungen
selbst zu solchen Schritten angehalten seien.6
  Indes sahen bzw.  sehen weder  die nachfolgende Richt-
linie 2008/105/EG   fiber Qualititsnormen im Bereich  der
Wasserpolitik7 noch  deren Verscharfungen  im Jahr 20138
noch  die entsprechenden Vorschlage  der Kommission   ein


vollstandiges ,,Phasing-Out in diesem Sinne vor9 - mut-
maBlich, weil dies derzeit technisch gar nicht m6glich ware.
Vor  diesem Hintergrund   ergeben sich nach herrschender
Rechtsauffassung  aus Art. 16 Abs. 8 WRRL derzeit fur


*) Uberarbeitete Fassung eines im Rahmen der 42. Umweltrechtli-
  chen Fachtagung 2018 der Gesellschaft fir Umweltrecht in Leipzig
  gehaltenen Vortrags. Der Dank des Verf gilt semen Doktoranden
  Lukas Knappe und Bernhard Linnartz dir die kritische Durchsicht
  der Entwiirfe, Dr. Winfried Haneklaus, Frank Niesen und Dr. Bert-
  hold Viertel fir weiterfiihrende Hinweise sowie den Diskutanten der
  Tagung nicht zuletzt auch fir Widerspruch und Kritik zu Teil IV.
1) Zur Begrifflichkeit Albrecht, Umweltqualitatsziele, 2007, S. 38ff.;
  Reese, in: Oldiges (Hrsg.), Umweltqualitat durch Planung, 2006,
  25, 27; ders., ZUR 2010, 339, 342 f
2) Richtlinie 2000/60/EG des Europaischen Parlaments und des Rates
  vom  23. 10.2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens fur MaB-
  nahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. Nr. L
  327 vom 22.12.2000, S. 1; allgemein dazu Hentschel, Die europa-
  ische Wasserrahmenrichtlinie, 2005; Kappet, Qualitatsorientierter
  Gewasserschutz in Deutschland, 2006; Port, Die Umweltziele der
  Wasserrahmenrichtlinie, 2011; Rumm/von Keitz/Schmalholz (Hrsg.),
  Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2. Aufl. 2006.
3) Obwohl alle im Folgenden zu behandelnden Regelungen auf Be-
  stimmungen  der Wasserrahmenrichtlinie zuriickgehen, werden
  aus Griinden der Einfachheit immer nur die deutschen Umset-
  zungsnormen zitiert.
4) NahereAusfuhrungenzudieserBestimmungfindensichindenKom-
  mentaren zum Wasserhaushaltsgesetz, vgl. namentlich Czychowski/
  Reinhardt, WHG, Kommentar, 11. Aufl. 2014, §27 Rdnr. 1ff.; Dur-
  ner, in: Landmann/Rohmer (Begr.), Umweltrecht, Kommentar, §27
  WHG   (2015) Rdnr. 1ff.; Ginzky, in: Giesberts/Reinhardt (Hrsg.),
  BeckOK  Umweltrecht, §27 (2018) Rdnr. 1ff.; Knopp, in: Sieder/
  Zeitler/Dahme/Knopp (Hrsg.), WHG/AbwAG,  Kommentar, §27
  WHG   (2013) Rdnr. 1 ff.; Kotulla, WHG, Kommentar, 2. Aufl. 2011,
  §27 Rdnr. 1ff.; Schmid, in: Berendes/Frenz/Miiggenborg (Hrsg.),
  WHG,   Kommentar, 2. Aufl. 2017, §27 Rdnr. 1ff.
5) Naher Ginzky, ZUR 2009, 242 ff.; Irmer/Blondzik, in: Rumm/von
  Keitz/Schmalholz (Fn. 2), S. 175, 192ff.; Kappet (Fn. 2), S. 183ff.
6) So Czychowski/Reinhardt (Fn. 4), 527 Rdnr. 13a; Kack/Mckel,
  NVwZ   2010, 1390ff.; Ekardt/Steffenhagen, NuR 2010, 705ff.; Pie-
  per, Die Beachtung der wasserrechtlichen Phasing-Out-Verpflich-
  tung im Anlagengenehmigungsrecht, 2014, S. 119ff.; Reinhardt,
  NuR   2011, 833, 838; Schulte/Kloos, DVBl. 2015, 997ff.; einge-
  schrankt auch Riese/Dieckmann, UPR 2011, 212, 213ff.
7) Richtlinie 2008/105/EG des Europaischen Parlaments und des
  Rates vom 16.12.2008 fiber Umweltqualitatsnormen im Bereich
  der Wasserpolitik und zur Anderung und anschlieBenden Auf-
  hebung der Richtlinien des Rates 82/176/EWG, 83/513/EWG,
  84/156/EWG,  84/491/EWG  und 86/280/EWG  sowie zur Ande-
  rung der Richtlinie 2000/60/EG (UQN-Richtlinie), ABI. L 348
  vom  24.12.2008, S. 84.
8) Richtlinie 2008/105/EG des Europaischen Parlaments und des
  Rates vom  12. 8.2013 zur Anderung der Richtlinien 2000/60/
  EG  und 2008/105/EG in Bezug auf prioritare Stoffe im Bereich
  der Wasserpolitik, Abl. L 226 vom 24.8.2013, S. 1.
9) Kritisch dazu Ginzky, ZUR 2009, 242 (248); Kramer, in: Kdck/
  FaBbender (Hrsg.), Implementation der Wasserrahmenrichtlinie
  in Deutschland, 2010, S. 45 (54) sieht in der Richtlinie 2008/105/
  EG  geradezu eine konzeptionelle Abkehr von den Grundsatzen
  des Art. 16 WRRL.


I  Springer


Prof. Dr. Dr. Wolfgang Durner LL.M.,
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universitat Bonn,
Bonn, Deutschland

What Is HeinOnline?

HeinOnline is a subscription-based resource containing thousands of academic and legal journals from inception; complete coverage of government documents such as U.S. Statutes at Large, U.S. Code, Federal Register, Code of Federal Regulations, U.S. Reports, and much more. Documents are image-based, fully searchable PDFs with the authority of print combined with the accessibility of a user-friendly and powerful database. For more information, request a quote or trial for your organization below.



Short-term subscription options include 24 hours, 48 hours, or 1 week to HeinOnline.

Contact us for annual subscription options:

Already a HeinOnline Subscriber?

profiles profiles most