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34 Natur und Recht 1 (2012)

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                                                                                          NuR   (2012) 34:1-8 1


 AUFSATZE


 DOI: 10.1007/s10357-011-2190-z

 Produktionsintegrierte KompensationsmaBnahmen:

Voraussetzungen, Fbrderungsmbglichkeiten und Probleme

der Doppelfbrderung

Christian   Schrader*



© Springer-Verlag 2012


Produrktionsintegrierte Kompensationsmafinahmen gehen von der
naturschutzrechtlichen Regeling aus, dass bei Eingrrijfen in Natur
ind  Landschaft unvermeid>are Beeintrdchtigriren dirch Ais-
gleichs- oder Ersat mafnirahmen des Natirscmirzes rind der Land-
schaftsjpflege zri komjpensieren sind. Das Besondere der produkti-
onsintegrierten Kompensation ist, dass die .\Iaflnahmen zur
bkologischen Aifwerringn arif landwirtschaftlichen Flachen dienen
rnd dass die Flche meiter in bewirtschaftet winrd. Je nach artlicher
Situation stehen fiir Ackrerland ind Grunland eine Reihe solche
Mai nalimen zur V effging Zu bedenken ist, inter welchen I/o-
raisset:ingen jprodurktionsintegrierte Komjpensation mbglich ist
A),  wie sie arich anderweitig gefordert wird (B) rind welche Pro-
bleme mit der Doppel/ifrderung entstehen kannen (C).

A. Eingriffsregelung  des BNatSchG

Die  Mbglichkeit zur produktionsintegrierten Kompensa-
tion ist nicht neu. Die Eingriffsregelung hat dies stets er-
mbglicht und  in manchen  Landern sogar gefordert. Neu
ist, dass die bundeseinheitliche Vollregelung des Bundesna-
turschutzgesetzes (BNatSchG) dies nun teilweise aufgreift.
  Das BNatSchG  regelt die Landwirtschaft zunichst in ihrer
Rolle als mbglicher Verursacher von Eingriffen. § 14 Abs. 3
Nr. 1 BNatSchG   bestimmt, dass kein Eingriff vorliegt bei
der Wiederaufnahme  einer landwirtschaftlichen Bodennut-
zung, wenn  sie auf Grund einer Teilnahme an bffentlichen
Programmen zur Bewirtschaftungsbeschrankung einge-
schrankt oder unterbrochen war und die Wiederaufnahme
innerhalb von zehn Jahren nach Auslaufen der Einschran-
kung  erfolgt.4 Die Teilnahme an Programmen zur freiwil-
ligen Nutzungsbeschrankung  soll nicht dadurch behindert
werden, dass die Wiederaufnahme  der Bodennutzung  nun
den Anforderungen  der naturschutzrechtlichen Eingriffsre-
gelung unterworfen ist.5 § 14 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG ver-
neint die Eingriffsqualitit, wenn eine landwirtschaftliche
Bodennutzung   eingeschrankt war auf Grund  der Durch-
fiihrung von  vorgezogenen   Kompensationsmaf3nahmen,
die vorgezogene Maf3nahme   abet nicht fur als Kompensa-
tion fur einen Eingriff in Anspruch genommen wird. Da-
neben ging das BNatSchG  bis 2009 auf die Landwirtschaft
als Kompensationsbeteiligte nicht ein. Es enthielt allein die
bffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen  dem
Eingriffsverursacher und der Behbrde. Der Verursacher hat,
so jetzt § 15 Abs. 2 BNatSchG, unvermeidbare Beeintrach-
tigungen entweder  auszugleichen oder zu ersetzen. Er hat
die Kompensationsflachen  nachzuweisen. Fur den  hufig
praktizierten Eigentumsubergang war meist die Landwirt-
schaft der Flschenlieferant und die Flschen wurden aus der
Produktion  entnommen.  Erst danach, fur die Pflegema3-
nahmen,  konnte die Landwirtschaft privatrechtlich als Er-
fillungsgehilfe des Verursachers mit einsteigen. Aus der ge-


Prof. Dr. Christian Schrader,
Hochschule Fulda, Fulda, Deutschland


setzlichen Fixierung auf ein zweiseitiges Rechtsverhaltnis
entstanden eine Reihe von rechtlichen Schwierigkeiten.6

L IVorrang produktionsintegrierter Kompensationsmafinahmen,
5 15 Abs. 3

Das BNatSchG   2009  hat das zweiseitige Rechtsverhaltnis
um  Belange der Landwirtschaft angereichert. In § 15 Abs. 3
BNatSchG   hei3t es dazu jetzt: ,,Bei der Inanspruchnahme
von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flschen ist auf
agrarstrukturelle Belange Rucksicht zu nehmen, insbeson-
dere sind fur die landwirtschaftliche Nutzung besonders ge-
eignete Bbden nur im  notwendigen  Umfang  in Anspruch
zu nehmen.  Es ist vorrangig zu priifen, ob der Ausgleich
oder Ersatz dutch Bewirtschaftungs- oder Pflegema3nah-
men,  die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts
oder Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um
mbglichst zu vermeiden, dass Flschen aus der Nutzung ge-
nommen   werden. Fur die Flsche, die das Vorhaben selbst in
Anspruch  nimmt, existiert kein vergleichbares Gebot.7 Bei
der gesetzlichen Folgewirkung der Kompensation  fordert
das Gesetz Rucksicht, nicht beim Vorhaben als Ursache der
Flicheninanspruchnahme.  Die Forderung,  die Neuversie-
gelung zuriickzufahren, wird nicht instrumentiert, nur abet
die Mbglichkeit, die Kompensation auf land- oder forstwirt-
schaftlich genutzten Flschen vorzunehmen. Dies ist zu be-
dauern und es lenkt ab von der Verursachung eines zentralen
umweltpolitischen Problems' auf seine Folgewirkungen.
  In der Sache ist dem Zweck  des § 15 Abs. 3 BNatSchG
zuzustimmen,  nsmlich der Schonung  von land- und forst-
wirtschaftlich genutzten Flsche davor, dass Flschen aus der
Nutzung  genommen werden.9 §   15 Abs. 3 enthalt keinen
zwingenden   Planungsleitsatz und kein Verbot der Inan-


*) Der Vortrag basiert auf einem Referat, das der Autor auf dem
  10. Warnemiinder Naturschutzrechtstag ,,35 Jahre Eingriffsrege-
  lung - Eine Bilanz am 29.9.2011 gehalten hat.
1) Czybulka/Hampicke/Litterski/Schdfer/Wagner: Integration vonKom-
  pensationsmaBnahmen in die landwirtschaftliche Produktion,
  Naturschutz und Landschaftspflege 2009, 245.
2) Siehe die Beispiele in: Bauer/Geiger: Kompensation mit der Land-
  wirtschaft im Rahmen der Eingriffsregelung, 2003, S. 135-162 so-
  wieAgena/Dreesmann, NuR2009, 594, 604, diejedochunzutreffend
  auch MaBnahmen  auflisten, die bereits von der guten fachlichen
  Praxis erfasst sind wie etwa der Verzicht auf Griinlandumbruch.
3) 54a Gesetz Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 21.7.
  2000 (GV. NRW. 2000 S. 568), zuletzt geandert durch Artikel 1
  des Gesetzes vom 16.3.2010 (GV. NRW S. 185).
4) Dazu: Michler/Mller, NuR 2011, 81£; Scheidler, UPR 2010, 134,
  137; Scheidler, RdL 2011, 29, 30.
5) Siehe zur Vorgingervorschrift BT-Drs. 13/10186, S. 8.
6) Erhellend dazu: Wolf, in: Bauer/Geiger (Fn. 2), S. 59, 65 ff.
7) Fischer-Hiftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hiiftle,
  Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2010, 515 Rdnr. 91.
8) BT-Drs. 16/12685, S. 20£.; BT-Drs. 16/9720.
9) Latkes, in: Lfitkes/Ewer, BNatSchG, 515 Rdnr. 47.


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