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2014 Freilaw: Freiburg L. Students J. [1] (2014)

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     Die   Preisbildung im Oligopol und mbgliche GegenmaInahmen

                              (Sektoruntersuchung Kraftstoffe)



                                                stud. iur. Sarah Legner*

Autofahrer  leiden unter den hohen  und  stark schwankenden Kraftstoffpreisen.  Auch   in der kartellrechtlichen Diskus-
sion sind die Preisschwankungen auf den Kraftstoffmirkten ein aktuelles Thema. Dabei ist streitig, wie das Preis-
setzungsverhalten   kartellrechtlich zu wOrdigen  ist und  ob  dagegen   vorgegangen   werden   kann.  Osterreich  und
Westaustralien  dagegen   haben  bereits gesetzliche Regelungen erlassen, die den Schwankungen Einhalt gebieten
sollen.


A. Einleitung

,,Aufwarts ohne Ende?  Wie teuer wird es noch?  Die Kraft-
stoftreise stehen regelmdBig  im  Fokus  der Offentlichkeit.
Kritisiert werden dabei insbesondere die Hohe und die htiufi-
gen Schwankungen   der Preise. Durch zahireiche Verbraucher-
beschwerden  und  mogliche Kartellrechtsprobleme veranlasst,
hat das BKartA   daher eine Sektoruntersuchung  nach §  32e
GWB auf den TankstellenmArkten durchgefhfirt.   Es  kam  zu
dem  Ergebnis,  dass nach  gegenwArtiger Gesetzeslage  kein
unmittelbares   Einschreiten   gegen   Preishohe   und    -
schwankungen   moglich ist.2 DafTir zeigte es zuntchst auf, dass
die TankstellenmArkte eine oligopolistische Struktur aufwei-
sen. Ein Markt  mit  oligopolistischer Struktur zeichnet sich
dadurch aus, dass wenige Anbieter vielen Nachfragem  gegen-
fiberstehen.3 Die wenigen Anbieter mit einem Marktanteil von
rund  60 bis  70 Prozent   sind die ftinf Mineral6lkonzeme
BP/Aral,  ConccoPhillips/Jet, ExxonMobil/Esso,   Shell und
Total. Das BKartA  entdeckte, dass die Kraftstoffpreise einen
wochentlichen  Zyklus durchlaufen:5 Montags  sind die Preise
am  niedrigsten. Sie erreichen dann innerhalb der Woche einen
Hohepunkt,  dessen genauer  Zeitpunkt variiert, um bis Don-
nerstag wieder zu sinken. Freitags kommen die Preise an ihrem
Wochenh6hepunkt   an. Dabei gibt es mehr als doppelt so viele
Preissenkungen  wie Preiserh6hungen. Ein  Preissenkungssen-
kungsschritt ist jedoch mit  durchschnittlich 1,5 Cent/Liter
hochstens halb so groB wie eine Preiserh6hung von  rund 3,8
Cent/Liter.

Da  dieses Preissetzungsverhalten als unbefriedigend empfun-
den wird, drangt sich die Frage nach einer gesetzlichen Rege-
lung, die der Preishohe und den -schwankungen Einhalt gebie-
tet, auf. Der vorliegende Beitrag geht dabei zuntichst der kar-
tellrechtlichen Wirdigung des  Preissetzungsverhaltens nach.
Sodann  werden  mogliche  GegenmaBnahmen de lege   ferenda
vorgestellt.

B.  Kollektive  Marktbeherrschung der Mineralolkon-
zerne


* Die Autorin in Studentin der Rechtswissenschaft an der Eberhard Karls
Universitat Tilbingen.
WirtschaftsWoche 2011, Nr. 51, 46 ff.
BKartA, Sektoruntersuchung (2011), S. 34.
Damit  steht ein oligopolistisch strukturierter Markt zwischen einem Polypol,
bei dem viele Anbieter vielen Nachfragern gegenliberstehen, und einem Mo-
nopol, bei dem ein Anbieter vielen Nachfragern gegenlibersteht.
4 BKartA, Sektoruntersuchung (2011), S. 21.
s BKartA, Anhange zum Abschlussbericht (2011), S. 8-15.


Das  Preissetzungsverhalten konnte Ausdruck  einer kollektiv
marktbeherrschenden   Stellung der Mineral6lkonzeme sein.
Dies setzt nach § 18 Abs. 5 GWB   voraus, dass zwischen den
Untemehmen kein   wesentlicher Wettbewerb  besteht (Binnen-
wettbewerb)  und sie gegenfiber den fibrigen Wettbewerbem
eine  fiberragende Marktstellung  innehaben  (AuBenwettbe-
werb). Dazu  muss  die Reaktionsverbundenheit zwischen  den
Unternehmen   so groB sein, dass sie sich gleichformig verhal-
ten.6 An die Stelle des Wettbewerbs tritt dann implizite Koor-
dinierung (sog. tacit collusion).

I. Spieltheoretische   Erklarung  der  impliziten  Koordi-
nierung

Um  die Beobachtungen  des BKartA besser unter diese Voraus-
setzungen subsumieren  zu konnen, ist zuntichst aus spieltheo-
retischer Sicht zu erklAren, wie es zu einer impliziten Koordi-
nierung kommen  kann.

1. Die Spieltheorie  als Analyseinstrument

Die  Spieltheorie untersucht Entscheidungssituationen, an de-
nen  mehrere Individuen mit unterschiedlichen Zielsetzungen
beteiligt sind. Eine solche Situation stellt zum Beispiel die der
Oligopolisten auf dem Markt dar. Das Ziel ist es, die Entschei-
dungen  der Untemehmen nachvollziehbar zu machen.9 Die
Spieltheorie leistet in vielen Wissenschaften einen groBen
Beitrag zum  tieferen Versthndnis der jeweiligen Disziplin.10
Der  Wissenschaftszweig, der  sich mit der Anwendung der
Spieltheorie auf oligopolistisch strukturierte MArkte beschfif-
tigt, ist die Neue Industrie6konomik.


6 Bechtold/Bechtold, Kommentar zum GWB (6. Aufl. 2010), § 19 Rn. 52.
7BGH  WuW/E DE-R, 2451, 2457; BKartA, Leitfaden zur Marktbeherrschung
in der Fusionskontrolle (2012), Tz. 81.
Bester, Theorie der Industrie6konomik (5. Aufl. 2010), S. 201.
Weimann, Wirtschaftspolitik (4. Aufl. 2005), S. 115.
10 Neben der Industrie6konomik hat die Spieltheorie noch viele weitere An-
wendungsgebiete, z.B. die Politikwissenschaften oder die Biologie, vgl.
Schwalbe/Zimmer, Kartellrecht und Okonomie (2. Aufl. 2011), S. 36.
 Im Gegensatz zu einem Monopolist und zu Polypolisten, kalkulieren Oligo-
polisten bei ihren Entscheidungen die Reaktionen der anderen Oligopolisten
mit (Interdependenz). Mithin erflillen oligopolistisch strukturierte Markte die
Primisse der Spieltheorie, dass die Entscheidung eines Individuums von denen
der anderen abhangig ist und sind der Analyse durch die Spieltheorie daher gut
zuganglich.


Legner, Die Preisbindung im Oligopol


Zivilrecht


Freilaw 1/2014

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