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43 Natur und Recht 1 (2021)

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                                                                                            NuR  (2021) 43:1-7  1

 AUFSATZE


 https://doi.org/l0.1007/s10357-020-3783-1

 Das Bericksichtigungsgebot des §13 Klimaschutzgesetz

Alexander Schink


© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021


Wirksamer  Klimaschutz bedarf Instrumente, mit denen Klima-
schutzziele verwirklicht werden kten. Neben dem Brennstoff-
emissionshandel, der neben das EU-Emissionshandelssystem tritt
und far dort nicht erfasste Treibhausgasemissionen eine Bepreisung
ab  dem 1. 1.2021 einfihrt, setzt das Bundesklimaschutzgesetz
darauf, dass der Klimaschutz bei allen Mafniuahmen beracksichtigt
wird, die die offentliche Verwaltung trfft. Dazu verpflichtet j 13
Abs. 1 KSG  alle Trdger offentlicher Aufgaben, bei Planungen u;nd
Entscheidungen den Zweck des Klimaschutzgesetzes und die zu
seiner Erffillung festgelegten Ziele zu bericksichtigen. Mit den
rechtlichen Folgerungen dieser Verpflichtung befasst sich der nach-
folgende Beitrag.

1. Einflhrung

§ 13 Abs. 1 S. 1 KSG' verpflichtet alle ,,Trager bffentlicher
Aufgaben  bei ihren Planungen  und Entscheidungen  den
Zweck   des Klimaschutzgesetzes und  die zu seiner Erfil-
lung  festgelegten Ziele zu bericksichtigen. Die Regelung
ist fur die Umsetzung  der Klimaschutzziele von weitrei-
chender  Bedeutung:  Alle bffentlichen Stellen sind hier-
nach  verpflichtet, den Klimaschutz umfassend  bei ihren
Planungen   und Entscheidungen  zu  bericksichtigen. § 13
Abs.  1 S. 1 KSG stellt die zentrale Scharnierfunktion zwi-
schen  den Zielen des KSG  und der Tatigkeit der bffentli-
chen  Hand  dar: Die Regelung verpflichtet alle Trager bf-
fentlicher Aufgaben, bei ihrer Tatigkeit die Ziele des KSG
zu bericksichtigen und auf diese Weise zur Erreichung der
Klimaschutzziele des §3  KSG  beizutragen. Erreicht wer-
den  sol damit  auch ein vorbildhaftes klimaschutzorien-
tiertes Verhalten aller Trager bffentlicher Verwaltung. Das
Berucksichtigungsgebot  ist dabei nicht nur bei Planungen,
Investitionsentscheidungen und Beschaffungsvorgingen zu
beachten, sondern bei jedweder nicht gesetzesgebundenen
Tatigkeit der bffentlichen Verwaltung, die klimarelevante
Auswirkungen haben kann. Das Berucksichtigungsgebot
zu  Gunsten  des Klimaschutzes und klimarelevanter Ziele
gilt damit tiber die z.B. im Recht der Bauleitplanung und
im  Raumordnungsrecht bestehenden Beracksichtigungs-
gebote  hinaus umfassend fur alle Planungen und  fur alle
weiteren  Entscheidungen, bei denen  Entscheidungsspiel-
rsume  bestehen.2 Ausgenommen   vom  Berucksichtigungs-
gebot sind nur gebundene  Entscheidungen, bei denen kei-
nerlei Spielraum fur die Berucksichtigung des Zwecks des
KSG   und  der Klimaschutzziele besteht und infolgedessen
eine  Berucksichtigung  rechtlich ausgeschlossen ist. Das
Berucksichtigungsgebot  besteht im  zuvor beschriebenen
Rahmen dabei sowohl fur auf3enwirksame Entscheidun-
gen  als auch fur solche mit lediglich interner Wirkung.3 Es
gilt deshalb fur den Erlass von im Ermessen stehenden Ver-
waltungsakten,  Planungen jedweder  Art unabhangig  von
ihrem  Rechtscharakter, Beschaffungen  oder andere wirt-
schaftliche Aktivitsten.4 Uberall dort, wo materielles Bun-
desrecht  auslegungsbedirftige Rechtsbegriffe verwendet


Rechtsanwalt Prof Dr. Alexander Schink, Staatssekretar a. D.,
Rechtsanwalte Redeker Sellner Dahs,
Bonn, Deutschland


oder Planungs-, Beurteilungs- oder Ermessensspielriume
konstituiert, sind Zweck und Ziele des KSG als (mit-)ent-
scheidungserhebliche Gesichtspunkte in die Erwsgungen
einzustellen.5
  Im  Folgenden sollen Reichweite und Wirkung   des Be-
rticksichtigungsgebotes nsher ausgeleuchtet werden.

2. Adressaten

2.1 Verpflichtung aller Trdger offentlicher Aufgaben

Verpflichtet zur Berucksichtigung sind alle Trager bffent-
licher Aufgaben. Das Berucksichtigungsgebot  gilt danach
nicht nur fur alle Trager bffentlicher Verwaltung, sondern
fur jedwede  Stelle, die bffentliche Aufgaben wahrnimmt
oder die von staatlichen Einrichtungen getragen wird. An-
gesprochen sind dadurch Behbrden und sonstige bffentliche
Aufgabentrsger, wie Sozialversicherungen, Bildungseinrich-
tungen, Unternehmen   des bffentlichen Nah- und Fernver-
kehrs, Krankenhsuser, Pflegeeinrichtungen oder die Kam-
mern  bestimmter Berufsgruppen.6 Auf die Rechtsform oder
die Trigerschaft des Staates kommt es dabei nicht an. Auch
Unternehmen   der bffentlichen Hand  in privatrechtlicher
Rechtsform  (z.B. GmbH,  GmbH & Co KG, AG, Genos-
senschaften u. a.) sind erfasst, soweit sie bffentliche Aufgaben
wahrnehmen.   Die Ausgestaltung des Bericksichtigungsge-
bots obliegt ihnen als eigene Angelegenheit.7
  Das  Gesetz verpflichtet allerdings nur die bffentliche
Hand,  entfaltet hingegen keine Rechtswirkung  fur Pri-
vate;8 Verpflichtungen fur nicht bffentliche Stellen entste-
hen grundsitzlich erst nach entsprechender Normsetzung
in dafir vorgesehenen, separaten Verfahren.9 Deshalb wird
zumindest  eine Beteiligung der bffentlichen Hand voraus-
gesetzt. Erforderlich ist eine Beteiligung, die gewihrleis-
tet, dass die bffentliche Hand maf3gebenden Einfluss auf
die privatwirtschaftlich organisierte Stelle ausiben kann.
In der Regel erfordert dies eine Mehrheitsbeteiligung. Vo-
raussetzung ist weiter, dass es sich um einen Trager bffent-
licher Aufgaben handelt. Das Gebot  des § 13 Abs. 1 S. 1
KSG   erstreckt sich insbesondere auf Gesellschaften, die
eine Aufgabe  der Daseinsvorsorge wahrnehmen.   Deshalb
sind verpflichtet z.B. auch privatrechtlich organisierte bf-
fentliche Wasserversorger, da diese nach § 50 WHG  eine
Aufgabe  der Daseinsvorsorge wahrnehmen.   Dasselbe gilt
fur Betreiber von Flughifen, die Deutsche Bahn, Hafenge-
sellschaften, bffentliche Verkehrsunternehmen, bffentliche
Energieversorger, bffentliche Krankenhaustrager und jede


1) Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) v. 12.12.2019, BGBl. I S. 2513.
2) Amtl. Begr., BT-Drs. 14/337, S. 36.
3) Amtl. Begr., BT-Drs. 14/337, S. 36.
4) Amtl. Begr., BT-Drs. 14/337, S. 36; Klinski/Scharlau/von Swiey-
  kowski-Trzaska/Keimeyer/Sina, NVwZ 2020, 1, 5f
5) Klinski/Scharla u/von Swieykowski-Trzaska/Keimeyer/Sina, NVwZ
  2020, 1, 5f.
6) Amtl. Begr., BT-Drs. 14/337, S. 36.
7) Amtl. Begr., BT-Drs. 14/337, S. 36.
8) Amtl. Begr., BT-Drs. 14/337, S. 18, 21, 24.
9) Amtl. Begr., BT-Drs. 14/337, S. 25.


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