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33 Natur und Recht 1 (2011)

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                                                                                               NuR  (2011) 33:1-7  1


 AUFS ATZE


 DOI: 10.1007/s10357-010-1997-3

 Nachhaltigkeit braucht Institutionen -

zur Institutionalisierung von Nachhaltigkeitsraten

Thomas Schomerus*



© Springer-Verlag 2011


Nachhaltigkeitsrate gitt es tisher vereinzelt auf allen politischen
Etenen. Sie werden regelmdj ig als teratende Gremien ohne eigene
gesetzliche J/erankerumg eingesetzt. Fine Institutionalisierng uid
J/errechtlichung der Nachhaltigkeitsrate kann zu einer tesseren
Umsetzung  der Ziele nachhaltiger Entwicklung teitragen.

I. Einflhrung

Zur  Umsetzung   der Ziele der nachhaltigen  Entwicklung
wurden  auf mehreren  politischen Ebenen sowie in der pri-
vaten Wirtschaft an vielen Orten Nachhaltigkeitsrate, zum
Teil auch Nachhaltigkeitsbeirite genannt, eingerichtet. Die
Einrichtung  von  Nachhaltigkeitsraten kann  dazu  beitra-
gen, die nachhaltige Entwicklung   in Politik, Gesellschaft
und  Wirtschaft zu f6rdern, indem  an der Erarbeitung ei-
ner  Nachhaltigkeitsstrategie mitgewirkt und Einfluss auf
Entscheidungen  genommen wird. Die bisher eingerichte-
ten Rate  verfilgen jedoch tbet keine Rechte, operativ in
Entscheidungsverfahren  einzugreifen. Sie arbeiten auf rein
freiwilliger Basis ohne gesetzliche Grundlagen. Es kommt
daher darauf an, wie diese Rate besetzt werden, ob die Mit-
glieder tbet pers6nliche Autoritit und  Selbstbewusstsein
verffigen, und ob die zu beratenden Organisationen bereit
sind, Vorschlage anzuhbren und zu bericksichtigen. Neben
der Festlegung von Rechten  und Pflichten der Rate ist auch
das Besetzungsverfahren von erheblicher Relevanz fur deren
Durchsetzungsfdhigkeit. Dariber  hinaus ist die Ausstattung
der Rate  von gro3er Bedeutung,  z.B. im Hinblick auf die
Einrichtung  einer eigenen Geschaftsstelle und das Vorhan-
densein von Mitteln zur Durchfihrung   eigener Projekte.
  Es handelt sich bei den Nachhaltigkeitsraten um ein ge-
sellschaftlich-politisches Phanomen, das bislang insbeson-
dere rechtlich noch  wenig erforscht worden  ist. Auch in
einschligigen Arbeiten,  die sich etwa mit der Operatio-
nalisierung von Nachhaltigkeitsstrategien befassen, kommt
das Thema   der Institutionalisierung von Nachhaltigkeits-
rtten nicht vor.'
  Ziel dieses Beitrags soll es sein, die rechtlichen Grundla-
gen  einer weitergehenden Institutionalisierung von Nach-
haltigkeitsraten aufzuzeigen und  Mbglichkeiten  fir eine
starkere Mitwirkung   an Entscheidungsprozessen  auszulo-
ten. Die  Institutionalisierung oder auch Verrechtlichung
von  Nachhaltigkeitsraten kann  emen  wichtigen  Baustein
fur  ein im   Entstehen  begriffenes Nachhaltigkeitsrecht
bilden. Klaus Bosselmann  hat dies wie folgt ausgedrickt:
,,From a legal perspective, the most relevant aspects are the rele-
vant institutions.2
  Im  Folgenden  wird  zunichst  auf den Begriff und  das
im  Rahmen   dieses Beitrags zugrundezulegende  Verstand-
nis von  Nachhaltigkeit  und Nachhaltigkeitsraten  einge-


Prof. Dr. Dr. h. c. (GTU Tiflis) Thomas Schomerus,
Professur fir Offentliches Recht, insbesondere Energie- und
Umweltrecht an der Leuphana Universitat Luneburg
sowie Mitglied des L neburger Nachhaltigkeitsrats,
Luneburg, Deutschland


gangen  (II). Darauf wird eine Ubersicht  iber bestehende
Nachhaltigkeitsrate, deren Kompetenzen und Aufgaben,
gegeben  (III). AnschlieBend soll aufeine m6gliche Weiter-
entwicklung  der Nachhaltigkeitsrate eingegangen  werden
(IV), um am  Ende ein Fazit zu ziehen (V).

II. Nachhaltigkeit  und  Nachhaltigkeitsrate

Der Begriff der Nachhaltigkeit bzw. der nachhaltigen Ent-
wicklung  ist gesetzlich nicht definiert. Er wird in sehr un-
terschiedlicher Weise gebraucht. Nach  dem   Lexikon  der
Nachhaltigkeit  der Aachener Stiftung Kathy Beys hat sich
weitgehend  das sog. Nachhaltigkeitsdreieck durchgesetzt,
das auch vom  Rat  fur nachhaltige Entwicklung  der Bun-
desregierung verwendet  wird. Ausgehend  vom  Brundtland-
Report der Weltkommission   fur Umwelt  und Entwicklung
von 1987 hei3t es danach, ,,Umweltgesichtspunktegleichberech-
tigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bernack-
sichtigen. Zukunftsfdhig wirtschaften bedeutet also: Wir mfissen
unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes tkologisches, so-i-
ales und bkonomisches Gefige hinterlassen. Das eine ist ohne das
andere nicht zu haben.3 Nach dem Fortschrittsbericht 2008
zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie bildet die ,,Erhal-
tung der Tragfdhigkeit der Erde ... die absolute dufere Grenze;
in diesem Rahmen ist die Jerwirklichung der verschiedenen politi-
schen Ziele zu optimieren.4 Nach dem so verstandenen Kon-
zept der starken Nachhaltigkeit k6nnen damit bkologische
Defizite nicht dutch eine starkere Bercksichtigung bkono-
mischer oder sozialer Aspekte kompensiert werden.i Nach-
haltigkeit braucht klare Ziele und Strategien sowie Indi-
katoren zur Bewertung  des jeweiligen Stands nachhaltiger
Entwicklung.'


*) Herrn Dr. Gunther Bachmann, Generalsekretar des Rats fur nach-
  haltige Entwicklung, wird fir kritische Anregungen zu dem Bei-
  trag gedankt.
1) Vgl. etwa bei Kleine, Operationalisierung einer Nachhaltigkeits-
  strategie, Okologie, Okonomie und Soziales integrieren, 2008
  (passim).
2) Bosselmann, The Principle of Sustainability, Transforming Law
  and Governance, 2008, S. 178.
3) Vgl.http:/www.nachhaltigkeit.info/artikel/defrnitionen 1382.htm
  sowie http://www.nachhaltigkeitsrat.de/nachhaltigkeit/?size=2.
4) Bundesregierung, Fortschrittsbericht 2008 zur nationalen Nach-
  haltigkeitsstrategie, 2008, S. 21 (http://www.bundesregierung.de/
  Content/DE/Publikation/Bestellservice/ Anlagen/2008-11-
  17-fortschrittsbericht-2008,property=publicationFile.pdf).
5) Zu den Konzepten der starken und schwachen Nachhaltigkeit s.
   Ott, Zur Begriindung der Konzeption starker Nachhaltigkeit, in:
   Koch/Hey, Zwischen Wissenschaft und Politik, 2009, S. 63 ff. so-
   wie Rehbinder, Auf dem Weg zur starken Nachhaltigkeit, ebenda,
   S. 89 ff.
6) Vgl. dazu Statistisches Bundesamt, Nachhaltige Entwicklung in
  Deutschland, Indikatoren zu Umwelt und Okonomie 2010 (http://
  www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/
  DE/Content/Publikationen/Fachveroeffentlichungen/Umwelt-
  oekonomischeGesamtrechnungen/Indikatoren2010,property=file.
  pdf).


I  Springer

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