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44 Dtsch. Z. Ges. Gerichtl. Med. 1 (1955-1956)

handle is hein.journals/injlegame44 and id is 1 raw text is: Deutsche Zeitschrift fur gerichtliche Medizin, Bd. 44, S. 1-13 (1955).

Aus dem Institut fnr gerichtliche und soziale Medizin der Universitat Kiel
(Direktor: Prof. Dr. med. W. HALLERMANN).
Uber arztliche Ethik*.
Von
W. HALLERMANN.
Wir waren in ruhigen Zeitlufen gewohnt, die ethischen Forderungen
fur etwas Selbstverstandliches zu halten, fiber das keine Erorterung
notig sei. Unser Interesse ist jedoch heute mehr als friiher der Augen-
blicksnot, den Schwierigkeiten des Zusammenlebens in engem      Raum
und der Befriedigung der notwendigsten Lebensbednlrfnisse zugewandt.
Die materielle Unsicherheit des Einzelnen, die Nahrungssorgen, die HIarte
der realen Verhaltnisse, die uns umgaben, drohten den Blick zu ver-
schleiern fur eine Besinnung auf die Grundlagen der dem menschlichen
Wollen und Handeln zugrunde liegenden Haltung. Es besteht ein Mangel
an lebendigem Gefuhl und an wachem BewuBtsein der sittlichen Ver-
pflichtung des Einzelnen.
Unsere Gleichgtiltigkeit gegennber den Grundfragen des Lebens und
die fehlende Sicherheit des Standpunktes hatten dazu gefiihrt, daB bei
dem Einbruch neuer Ideologien und unklarer Gefiihlsstr6mungen, die
auf primitiven Instinkten aufbauten, das ethische Fundament nicht
standhielt. Es tut not, sich immer wieder klarzumachen, wie die
Katastrophe entstehen konnte. Wir mnssen aus dem Geschehen lernen,
daB auch das selbstverstandlich Erscheinende immer wieder der klaren-
den Oberlegung und des iiberpriifenden Urteils bedarf. Es geniigt heute
bei der Nivellierung der Anschauungen nicht mehr, nur theoretisch
die Grundsatze ethischen Verhaltens aufzuzeigen, sie mussen dem
Einzelnen wieder bewuBt werden und eine selbstverstindliche Motivation
seines Handelns abgeben.
Durch die Verdunkelung der echten sittlichen Werte, durch eine
Abwendung vom Geistigen und durch eine Losung der religiosen Ver-
bundenheit konnte es in der Vergangenheit geschehen, daB selbst unab-
dingbare ethische Forderungen nicht mehr anerkannt wurden. Die
Unterwinhlung der sittlichen Fundamente geschah durch die Lockerung
der personlichen Verantwortlichkeit des Einzelnen und zeigte sich auf
alien Gebieten. Der srztliche Stand ist davon nicht frei geblieben.
Um die Arbeitskraft eines Menschen zu erhalten, wurde z. B. wahrend
* Meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. med. Dr. jur. h. c. Dr. med. vet.
h. e. V. MtTLLER-HEss zum 70. Geburtstag.
Dtsch. Z. gerichtl. Med. Bd. 44.                        1

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