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3 Dtsch. Z. Ges. Gerichtl. Med. 1 (1924)

handle is hein.journals/injlegame3 and id is 1 raw text is: (Aus dem gerichtlich-medizinischen Institut Basel [Vorsteher: Prof. S. Schonberg].)
Fruchtabtreibung und Lebensfahigkeit.
Von
Prof. S. Schinberg  und    Dr. C. Ludwig
Gericbtsarzt.         Erstem Staatsanwalt.
Mit 2 Textabbildungen.
Der Begriff der Lebensfahigkeit kommt bei Abtreibungen gewdhn-
lich nicht in Frage. Als Voraussetzung fur eine Abtreibung gilt nur eine
,,lebende Frucht. Hingegen ist bei Untersuchungen auf Kindesmord
auf die Lebensfahigkeit des Kindes zu achten. Wenn auch die einschla-
gigen Vorschriften fiber eine Untersuchung der Lebensfahigkeit nur in
vereinzelten Gesetzgebungen angefiihrt sind, ist es doch Erfordernis,
auch in den Lindern, die eine Beriieksichtigung der Lebensfahigkeit nicht
direkt vorschreiben, diese Zustande zu prufen, da durch das Ergebnis
der Untersuchung doch ein EinfluB auf die Strafbemessung ausgeiibt
werden kann. Von schweizerischen Strafgesetzen wird nur in den Kan-
tonen Schaffhausen, Graubunden und Thurgau die Lebensfihigkeit
des Kindes in Betracht gezogen. Ferner wird in der deutschen Straf-
prozeBordnrung verlangt, bei der Sektion darauf zu achten, ob das Kind
reif oder wenigstens fahig war, das Leben auBerhalb dem Mutterleib
fortzusetzen.
Vber die Lebensfihigkeit Neugeborener ist von medizinischer und
juristischer Seite schon sehr viel geschrieben worden. Besonders die
Frage stand in Diskussion, wie lange muB ein Kind imstande sein, ge-
trennt von der Mutter leben zu kannen, damit es als lebensfahig bezeich-
net werden kann. In der Beantwortung dieser Frage stoflen wir auf
scharfe Widersprche. Friihere Autoren, wie Halban, Skrzeczka, be-
zeichneten ein Kind lebensfdhig, auch wenn es nur kurze Zeit nach der
Geburt am Leben blieb. Demnach waren auch MiBgeburten lebensfahig,
wenn sie lebend geboren wirden, gleichgiltig wie lange sie leben wirden.
Dieser Auffassung gegeniber stellte Caspar den Satz auf: ,,Lebens-
fahig im arztlichen Sinn ist ein Neugeborener, wenn er nach seinem
Fruchtalter und nach der Bildung seiner Organe die Mdglichkeit hat,
fortzuleben, d. h. die durchschnittliche Dauer der Menschen zu erreichen.
Ein Leben von wenigen Stunden oder Tagen kame demnach fnr die
Bestimmung der Lebensfahigkeit nicht in Betracht. Dieser Anschauung
Z. f. d. ges. gerichti. Medizin.  Bd. 3.                1

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